Samstag, 3. Dezember 2011

Thomas Mann: Buddenbrooks


Die Buddenbrooks sind eine bekannte und reiche Lübecker Handelsfamilie in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Großfamilie lebt auf großem Fuß, das Geschäft floriert und der Großvater Johann lädt als Familienoberhaupt zu Festen ins geräumige Haus ein. Die Familie verkehrt nur in den vornehmsten Kreisen und ist auf ihre gute Außendarstellung stolz. Das Zepter wird zur rechten Zeit an den Vater übergeben, ebenfalls Johann. Dieser hat drei Kinder, deren Leben dann auch das Zentrum des Romans ist: Thomas, der Musterknabe, Tony, die hübsche, aber unglückliche Schwester und Christian, der lustige Mann, der ungern arbeitet. Alle gehen ihren vorbestimmten Weg, müssen mit Schicksalskräften klar kommen und müssen feststellen, dass der Weg zum Gipfel hart und langsam ist, der Abstieg vom Gipfel aber mitunter sehr schnell gehen kann.

Thomas Mann hat eine klare Sprache, schreibt gern in langen Sätzen und hat jedes Wort genau ausgewählt. Ich hatte ein wenig Bedenken, dass man den Inhalt und die Tiefgründigkeit des Buchs nur schwer verstehen kann. Dem ist nicht so. Auch wenn man vielleicht nicht jede Anspielung des Autors versteht (die sich oft auf die damaligen Geschehnisse beziehen oder zur damaligen Zeit übliche gesellschaftliche Konventionen), so versteht man die Fingerzeige und Aussagen. Man versteht das Große und Ganze.

Die zahlreich auftretenden Personen sind stets außerordentlich detailreich beschrieben und es wird auch sofort präsentiert, in welche Schublade sie von der Familie Buddenbrook gesteckt worden sind – Freund, Feind, Konkurrent, Taugenichts, treudoofer Arbeiter… Man(n) hat stets ein genaues Bild der Person vor Augen. Das besondere sind die kleinen Details, die Thomas Mann beschreibt, z.B. den Tropfen, der stets an der Nase hängt, aber nie herunterfällt. Toll sind auch die Passagen mit Christian, dem Familienclown, der (zumindest anfangs) alle erheitert, aber nie erstgenommen wird und schließlich zum schwarzen Schaf der Familie wird. Mann hat einen unterschwelligen Humor, den man immer wieder zwischen den Zeilen finden kann.

Der Detailreichtum bringt einen aber auch manchmal zum Verzweifeln. Man möchte nicht jeden Grashalm des Gartens beschrieben bekommen, nicht jeden Vorfahren eines gerade neu vorgestellten Charakters. Häufig wird von der Haupthandlung (wenn es denn eine gibt, eigentlich sind es ja mehr die Themen wie gesellschaftlicher Stand, Glück, Unglück, Ansehen und Geld, die sich durch das Buch ziehen) ein Abstecher nach links genommen, dann nach rechts. Die ersten 100 Seiten muss man sich durchkämpfen, aber dann kann man sich auf dieses große Stück Literatur einlassen.

Thomas Mann hat für dieses Buch den Literaturnobelpreis bekommen. Ob das nun ein Qualitätskriterium ist, darüber kann man sich natürlich streiten. In diesem Fall ist es aber eins. Es lohnt sich.

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