Samstag, 3. Dezember 2011

Das blaue Sofa – eine Fernsehkritik


Nach meiner Vorstellung (und Lobhudelei) auf Druckfrisch will ich das ZDF und ihr noch recht neues Literaturformat „Das blaue Sofa“ nicht unerwähnt entkommen lassen. Auch das Format umfasst 30min Sendezeit, läuft einmal im Monat, man scheint aber eine Woche Abstand zu Druckfrisch zu halten, und sendet Freitags um 23:00Uhr herum. Moderiert wird die Sendung vom Schriftsteller und Journalisten Wolfgang Herles der aktuell die Allzweckwaffe Kultur und Literatur beim ZDF zu sein scheint. Dem ein oder anderen könnte er bereist aus Aspekte bekannt sein außerdem durfte er sich an Literaturformaten für 3sat und Phönix (also quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit) austoben. Damit ist es nun vorbei denn traditionell ist es das ZDF das den Ton in Sachen Literaturkritik („Das Literarisches Quartett“ mit Marcel Reich-Ranicki, „Lesen!“ mit Elke Heidenreich) angibt und der Sendeplatz am Freitagabend dürfte im Gegensatz zum Sonntagnachtprogramm von Druckfrisch auch nicht ganz ohne Quotendruck sein.


Nach dem weniger erfolgreichen „Die Vorleser“ (es gibt reichlich Kritik im Netz ich hab eine rausgegriffen das ich ganz differenziert fand) will man nun offenbar alles richtig machen und hat sich bei allen hier bereits erwähnten Sendungen ein bisschen bedient. Grundkonzept, und aus meiner Sicht aber auch Schwachpunkt, ist ein blaues Sofa das durch die Welt geschleppt wird um sich darauf mit Schriftstellern zu unterhalten. Man führt also exotische Schauplätze mit atmosphärischer Musik und Kameraschwenks ein, um sich dann, in im Prinzip dazu unpassender Umgebung, zu unterhalten. Das kommt jemandem bekannt vor? Na ja, das ist auch exakt das Prinzip von Druckfrisch und die Eingangsclips sehen auch so aus, als wären sie dort produziert wurden. Nun gut geklaut ist besser als schlecht selbst erdacht, wird man sagen aber nun ist Wolfgang Herles leider nicht der König des gepflegten Talks. Entscheiden kann man selbst, denn das nächste Problem ist, dass man, während man eh schon ähnliche Bücher abgrast, sich nun auch noch in den Schriftstellertalks doppelt. 


Da kommt der ehemalige Politiktalker Herles wieder durch und erklärt dem Schriftsteller gleich mal, wie politisch dessen Liebesromane sind und ich werde mir beim Zusehen immer unsicherer, ob ich überhaupt noch einen weiteren Literaturtalker brauche auch wenn nicht alle Sachen so langweilig sind. Es scheint mir aber sehr vom Schriftsteller abzuhängen, ist der auch alleine unterhaltsam, funktioniert das Ganze aber so richtig steuern kann Herles das nicht. Im schlimmsten Fall wird das eine regelrechte Schändung, wie hier im Gespäch mit dem scheinbar kranken und schwachen Siegfried Lenz, im weniger schlimmen Fall zerredet er einen eigentlich interessant klingenden Titel, wie hier im Gespräch mit Ilja Trojanow über „Eistau“. Am letzten Interview wird auch das Problem deutlich: Herles mag den Roman scheinbar nicht, kann es aber im Gespräch (das nun einmal keine Literaturkritik ist) nicht richtig anbringen und will so immer auf etwas hinaus, dass ihn am Roman gestört hat und verwirrt so Ilja Trojanow und den Zuseher.

Nun hat die Sendung aber glücklicherweise noch zwei weitere Konzepte. Eines davon sind kurze Clips über aktuelle Buchtitel, die nicht nach persönlichen Vorlieben sondern nach Bekanntheit ausgesucht werden. Das hat den Vorteil, dass man auch einmal negative Kritiken zu hören bekommt und in diesen kurzen Szenen zeigt sich, dass Herles ein echter Kenner und guter Analytiker ist. Das macht durchaus Spaß auch wenn ich das Vorlesen von Textstellen, das integraler Bestandteil jeder Kritik ist, zwar grundsätzlich begrüße aber finde, dass er nicht wirklich gut vorliest, (Preisfrage dazu: Meint Eugenides das „Gut gelesen“ Ernst oder ist das Ironie?) vielleicht könnte man da noch jemanden engagieren? Auf jeden Fall hat die Sache aber den Vorteil, dass die Bücher etwas volksnäher ausgewählt werden, so hebt er sich von Denis Scheck ab, der manchmal ein wenig zu abgehobene Sachen präsentiert.

Den dritten Teil finde ich aktuell am spannendsten und hoffe dass er beibehalten wird denn er scheint erst in den letzten zwei Sendungen eingefügt worden zu sein. Über einige Bücher diskutiert er mit andern berufenen Menschen und das funktionierte bisher gut z.B. hier im Gespräch mit Cora Stephan über den Roman „Der Raum“ (den ich allerdings freiwillig sicher nie lesen werde aber dafür kann er ja nichts). Da kommt seine Leidenschaft durch und er kann sich abarbeiten. Die Gesprächsführung liegt nicht mehr allein in seiner Hand und die Sache bekommt tatsächlich Drive. Hier könnte man einen festen Partner suchen der ihm Paroli bieten kann.

Nun was bleibt als Fazit: Die Sendung wird es meiner Meinung nach sehr schwer haben, die Erwartungen zu erfüllen die Einschaltquoten waren schon für die erste Folge nicht gut und Herles ist zu steif, um wirklich zu begeistern. Potential hat es, wenn man sein Wissen und seine ohne Zweifel vorhandene Kompetenz besser in das Bild bringt. Gute Streitpartner, ein Vorleser und mehr Zeit für Einzelkritiken könnten schon helfen. Vielleicht kürzen sie auf Dauer ein Interview und nutzen die Zeit um über Romane reden. Ich bleibe auf jeden Fall mal dran.

1 Kommentar:

  1. Obwohl ich Dir in Deiner Kritik vollständig zustimme, gehe ich mit der Sendung lieber noch nicht so hart ins Gericht. Es sind erst drei-vier Sendungen ausgestrahlt worden und man kann davon ausgehen, dass hier und da noch ein wenig geändert und gebastelt wird am Sendekonzept.

    Letztlich sind Charisma des Moderators, Bücherauswahl und Aufmachung der Gesprächsorte eher Geschmackssache. Mir wäre es zum Beispiel lieb, wenn die Büchersendungen sich per se auf bestimmte Genres spezialisieren könnten, sodass ich mir genau die Sendung angucken kann, die am ehesten zu mir passt.
    Aber mei, man kann nicht alles haben.
    Seien wir froh, dass auf zdf überhaupt mal wieder eine Literatursendung anzutreffen ist.

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