Nach meiner Vorstellung (und Lobhudelei) auf Druckfrisch
will ich das ZDF und ihr noch recht neues Literaturformat „Das
blaue Sofa“ nicht unerwähnt entkommen lassen. Auch das Format umfasst 30min
Sendezeit, läuft einmal im Monat, man scheint aber eine Woche Abstand zu Druckfrisch
zu halten, und sendet Freitags um 23:00Uhr herum. Moderiert wird die Sendung vom
Schriftsteller und Journalisten Wolfgang Herles der aktuell die Allzweckwaffe Kultur
und Literatur beim ZDF zu sein scheint. Dem ein oder anderen könnte er bereist
aus Aspekte bekannt sein außerdem durfte er sich an Literaturformaten für 3sat
und Phönix (also quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit) austoben. Damit ist
es nun vorbei denn traditionell ist es das ZDF das den Ton in Sachen Literaturkritik
(„Das Literarisches Quartett“ mit Marcel Reich-Ranicki, „Lesen!“ mit Elke
Heidenreich) angibt und der Sendeplatz am Freitagabend dürfte im Gegensatz zum
Sonntagnachtprogramm von Druckfrisch auch nicht ganz ohne Quotendruck sein.
Nach dem weniger erfolgreichen „Die Vorleser“ (es
gibt reichlich Kritik im Netz ich hab eine rausgegriffen das ich ganz differenziert
fand) will man nun offenbar alles richtig machen und hat sich bei allen
hier bereits erwähnten Sendungen ein bisschen bedient. Grundkonzept, und aus
meiner Sicht aber auch Schwachpunkt, ist ein blaues Sofa das durch die Welt
geschleppt wird um sich darauf mit Schriftstellern zu unterhalten. Man führt
also exotische Schauplätze mit atmosphärischer Musik und Kameraschwenks ein, um
sich dann, in im Prinzip dazu unpassender Umgebung, zu unterhalten. Das kommt jemandem
bekannt vor? Na ja, das ist auch exakt das Prinzip von Druckfrisch und die Eingangsclips
sehen auch so aus, als wären sie dort produziert wurden. Nun gut geklaut ist
besser als schlecht selbst erdacht, wird man sagen aber nun ist Wolfgang Herles
leider nicht der König des gepflegten Talks. Entscheiden kann man selbst, denn
das nächste Problem ist, dass man, während man eh schon ähnliche Bücher abgrast,
sich nun auch noch in den Schriftstellertalks doppelt.
Da kommt der ehemalige Politiktalker Herles wieder durch und
erklärt dem Schriftsteller gleich mal, wie politisch dessen Liebesromane sind
und ich werde mir beim Zusehen immer unsicherer, ob ich überhaupt noch einen weiteren
Literaturtalker brauche auch wenn nicht alle Sachen so langweilig sind. Es scheint
mir aber sehr vom Schriftsteller abzuhängen, ist der auch alleine unterhaltsam,
funktioniert das Ganze aber so richtig steuern kann Herles das nicht. Im
schlimmsten Fall wird das eine regelrechte Schändung, wie
hier im Gespäch mit dem scheinbar kranken und schwachen Siegfried Lenz, im
weniger schlimmen Fall zerredet er einen eigentlich interessant
klingenden Titel, wie hier im Gespräch mit Ilja Trojanow über „Eistau“. Am
letzten Interview wird auch das Problem deutlich: Herles mag den Roman scheinbar
nicht, kann es aber im Gespräch (das nun einmal keine Literaturkritik ist)
nicht richtig anbringen und will so immer auf etwas hinaus, dass ihn am Roman
gestört hat und verwirrt so Ilja Trojanow und den Zuseher.
Nun hat die Sendung aber glücklicherweise noch zwei weitere Konzepte. Eines davon
sind kurze Clips über aktuelle Buchtitel, die nicht nach persönlichen Vorlieben
sondern nach Bekanntheit ausgesucht werden. Das hat den Vorteil, dass man auch
einmal negative Kritiken zu hören bekommt und in diesen kurzen Szenen zeigt
sich, dass Herles ein echter Kenner und guter Analytiker ist. Das macht
durchaus Spaß auch wenn ich das Vorlesen von Textstellen, das integraler Bestandteil
jeder Kritik ist, zwar grundsätzlich begrüße aber finde, dass er nicht wirklich
gut vorliest, (Preisfrage dazu: Meint Eugenides das „Gut gelesen“ Ernst oder
ist das Ironie?) vielleicht könnte man da noch jemanden engagieren? Auf jeden
Fall hat die Sache aber den Vorteil, dass die Bücher etwas volksnäher
ausgewählt werden, so hebt er sich von Denis Scheck ab, der manchmal ein wenig
zu abgehobene Sachen präsentiert.
Den dritten Teil finde ich aktuell am spannendsten und hoffe
dass er beibehalten wird denn er scheint erst in den letzten zwei Sendungen
eingefügt worden zu sein. Über einige Bücher diskutiert er mit andern berufenen
Menschen und das funktionierte bisher gut z.B. hier im Gespräch mit Cora
Stephan über den Roman „Der Raum“ (den ich allerdings freiwillig sicher nie
lesen werde aber dafür kann er ja nichts). Da kommt seine Leidenschaft durch
und er kann sich abarbeiten. Die Gesprächsführung liegt nicht mehr allein in
seiner Hand und die Sache bekommt tatsächlich Drive. Hier könnte man einen
festen Partner suchen der ihm Paroli bieten kann.
Nun was bleibt als Fazit: Die Sendung wird es meiner Meinung
nach sehr schwer haben, die Erwartungen zu erfüllen die Einschaltquoten
waren schon für die erste Folge nicht gut und Herles ist zu steif, um wirklich
zu begeistern. Potential hat es, wenn man sein Wissen und seine ohne Zweifel
vorhandene Kompetenz besser in das Bild bringt. Gute Streitpartner, ein
Vorleser und mehr Zeit für Einzelkritiken könnten schon helfen. Vielleicht
kürzen sie auf Dauer ein Interview und nutzen die Zeit um über Romane reden.
Ich bleibe auf jeden Fall mal dran.
Obwohl ich Dir in Deiner Kritik vollständig zustimme, gehe ich mit der Sendung lieber noch nicht so hart ins Gericht. Es sind erst drei-vier Sendungen ausgestrahlt worden und man kann davon ausgehen, dass hier und da noch ein wenig geändert und gebastelt wird am Sendekonzept.
AntwortenLöschenLetztlich sind Charisma des Moderators, Bücherauswahl und Aufmachung der Gesprächsorte eher Geschmackssache. Mir wäre es zum Beispiel lieb, wenn die Büchersendungen sich per se auf bestimmte Genres spezialisieren könnten, sodass ich mir genau die Sendung angucken kann, die am ehesten zu mir passt.
Aber mei, man kann nicht alles haben.
Seien wir froh, dass auf zdf überhaupt mal wieder eine Literatursendung anzutreffen ist.