In ihrer Ratlosigkeit kontaktiert die
Polizei den jungen Mediziner Kayo. Er soll dieses Ding untersuchen,
feststellen, was es ist und wer es getötet hat. Bei seinen
Ermittlungen stößt er auf die Grenzen westlicher Bürokratie und
wissenschaftlicher Methodik.
Kayo hat sich direkt nach seinem
Medizinstudium bei der Polizei beworben, um als Gerichtsmediziner zu
arbeiten. Seine Bewerbung wurde abgelehnt. Angeblich benötige man
Fachlräfte wie ihn nicht. Seine Freunde jedoch kennen den wirklichen
Grund: Um in Ghana bei der Polizei anfangen zu können, muss man den
richtigen Mann in der richtigen Position bestechen. Derartige
Methoden liegen Kayo fern.
Als die Polizei bei dem mysteriösen
Fund in Sonokrom also plötzlich doch seine Hilfe benötigen,
verdingt sich Kayo als unterbezahlter Laboratoriumsleiter. Seine
Mitarbeit wird von der Polizei nicht etwa erbeten oder erfragt,
sondern regelrecht eingefordert. Als sein Chef sich gegen diese
Dienstleistung wehrt, wird er von den Polizisten schlichtweg erpresst
und in Null-Komma-Nichts ist Kayo seinen Job los.
Im Auftrag des machtgierigen Inspektor
Donkor begibt sich Kayo also schließlich nach Sonokrom und
untersucht das fleischige Etwas, von dem die Polizisten zunächst
glaubten, es sei die Nachgeburt eines Tieres. Doch die
Zelluntersuchung sprechen für einen menschlichen Ursprung. Die
Frage, worum es sich bei diesem Objekt nun handelt, bleibt weiterhin
im Dunkeln. Völlig ratlos versucht sich Kayo, darauf einen Reim zu
machen.
Während seiner Ermittlungen im Dorf,
freundet er sich allmählich mit dem Medizinmann und mit Yaw Poku an. Während des Essens erzählt Yaw Poku die
sonderbarsten Geschichten voller Zauber und Mythologie. Eine davon handelt von dem wahnsinnigen Vater namens Anansen, der immer wieder
seine Tochter schlug, bis eine Frau des Dorfes ihn verfluchte. Die
Kinder seiner misshandelten Tochter sollten den wütenden Anansen
dafür bestrafen, was er getan hat. Während Kayo lauscht, stellt er
allmählich fest, dass diese fantastische Geschichten die Erklärung
für das namenlose Fleisch-Ding ist, nach der er mit Mikroskop und
Maßband die ganze Zeit gesucht hat.
Die
Spur des Bienenfressers liest sich anfangs wie ein Kriminalroman,
entwickelt sich aber sehr schnell zu dem Portrait einer Kultur und eines
Menschenschlags, von dem man nur selten etwas hört oder liest. Die
Ermittlung um den rätselhaften Fund bietet den Rahmen, der sich um die
traditionelle afrikanische Kultur und modernes westliches Leben spannt.
Die Geschichte wird stückweise entweder aus der Sicht von Yaw Poku, dem
einfachen Mann aus Sonokrom und aus der Sicht von Kayo, dem jungen
Akademiker aus der Stadt. Von Yaw Poku erfährt der Leser, wie die
Dorfbewohner auf die Ermittlungen der Polizei reagiert, wie ihr Leben
aussieht, wenn gerade keine Polizei vor Ort ist und man lernt einiges
über ihren Glauben. Dieser spiegelt sich in den Geschichten wider, die
Yaw Poku erzählt. Die Ahnen haben für die einfachen Leute eine besonders
wichtige Bedeutung, sie dürfen mit den Lebenden speisen und greifen
ein, wenn die Lebenden sich schlecht verhalten.
Kayo hingegen ist erfüllt von dem Wunsch, etwas Gutes zu tun. Mit seiner Bewerbung bei der Polizei wollte er einen Beitrag zur Verbrechensbekämpfung mit modernen, wissenschaftlichen Methoden leisten. Dieser gutherzige Mensch begegnet nun der Korruption, Raffgier und der Willkür, die sich in den Städten eingebürgert haben. Allerdings, so muss er ebenfalls feststellen, gibt es auch viele gute Seelen, sie leben meist Seite an Seite mit dem Bösen zusammen.
Seine Ausflüge nach Sonokrom bergen für Kayo einen eigenen Reiz, denn die Menschen im Dorf denken ganz anders, als er selbst es in seinem jahrelangen Studium gelernt hat. Wissenschaft und Fortschritt haben sie noch nicht erreicht, sie vertrauen stattdessen auf die Kräfte der Natur und ihrer Mythen. Verblüffenderweise hat eben diese Mythologie für manche Fragen eine Antwort, bei denen sich die Wissenschaft vergeblich abmüht. Diese völlig konträren Gegensätze zwischen Tradition und Moderne werden in diesem Buch wunderschön ineinander geflochten, begegnen sich ohne sich gegenseitig auszuschließen. Gemeinsam mit Kayo lernt der Leser die Welt mit den Augen der Dorfbewohner zu betrachten.
Der Schreibstil von Nii Parkes ist angenehm, nicht überladen mit unnötigen, sinnlosen Details und ausschmückenden Adjektiven. Er schreitet in der Handlung zügig voran und konzentriert sich vor allem auf das Beschreiben von Handlungen, weniger auf Gefühle. Unausgesprochene Gedanken finden sich eher in den Passagen, in denen Yaw Poku als Ich-Erzähler fungiert. Eine Schwierigkeit liegt in den ungewohnt klingenden afrikanischen Namen, ebenso wie Bezeichnungen für Alltagsgegenstände in Sonokrom, die es so in der westlichen Kultur nicht gibt.
Nii Parkes schreibt im Nachwort, dass er selbst Bücher gelesen habe, in denen einige Wörter nicht übersetzt worden sind. Er las also eine Geschichte, in der plötzlich ein Fremdwort auftauchte, das er nicht übersetzen konnte. Und trotzdem hat er verstanden, was damit gemeint war. Er schreibt, dies sei eine faszinierende Art, etwas Neues zu entdecken und kennenzulernen. Ich finde, ihm ist gelungen, diese Erfahrung auch in seinem Roman einzubauen.
Fazit: Ungewöhnlich, poetisch, ein spannendes Portrait einer inhomogenen Kultur.
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