Mittwoch, 30. November 2011

Erich Kästner: Die verschwundene Miniatur

Oskar Külz, ein braver alter Fleischermeister aus Berlin hat seine eintönige Arbeit über. Spontan beschließt er, allein fortzufahren und zwar nach Kopenhagen. Die dortigen Zeitungen vermelden, dass jüngst bedeutende Kunstwerke direkt nach der Versteigerung gestohlen worden sind. Zufällig begegnet Külz einem jungen Fräulein, das im Auftrag ihres Chefs ebenfalls ein solches Kunstwerk ersteigert hat und nun heil zurück nach Berlin transportieren muss. Sie hat Angst, von Banditen ausgeraubt zu werden und bittet den treuherzigen Fleischermeister um Hilfe.
Damit startet auch schon eine fidele Schnitzeljagd durchs Land. Denn natürlich sind die Ängste des Fräulein Trübner nicht ganz unberechtigt und wie immer ist nicht immer alles so, wie es scheint.
Die Langfinger, die es auf Fräulein Trübners kostbare Miniatur abgesehen haben, heften sich ihr schon zu Beginn der Reise auf die Fersen. Dass der arglose Herr Külz in jedem Mitmenschen einen makellosen Ehrenmann sieht, macht die Jagd nicht unbedingt einfacher.

Das ganze Buch stellt eine Realsatire auf den braven, einfältigen Bürger dar. Diese Rolle übernimmt Fleischermeister Külz, der von seiner eigenen Ehrlichkeit auf andere schließt und da er umgeben ist von abgebrühten Banditen und zweifelhaften Gestalten, die nie genau das tun, was sie vorzuhaben angeben, verfehlt er mit den Beurteilungen die Realität um Längen. Er ist zu naiv für diese Welt und für diese Zeit. Als Leser schwankt man zwischen Wut auf seine grenzenlose Naivität und Mitleid, da sein Herz so rein ist und man ihn deswegen so gern hereinlegt. Külz wirkt wie ein Exot einer aussterbenden Art - und auf gewisse Weise ist er das ja auch.

Die ganze Geschichte ist insgesamt  nahezu gewaltlos geschrieben. Die schlimmste Gewalthandlung besteht aus einem verbeulten Gesicht, was Külz einem Räuber zufügt, als er mit einem Stuhlbein bewaffnet das Fräulein Trübner verteidigt. Niedere Gierden nach massenhaft fließendem Blut, Mord und Totschlag, Schmerz, Gewalt, Hass und Verderben werden in diesem Buch ausnahmslos nicht befriedigt. Im Gegenteil: Es ist fast kindgerecht geschrieben. Banditen werden wie in einem Kinderroman als tollpatschige Pechvögel dargestellt, die fast schon wieder liebenswert wirken. Nur ihr Anführer, der sich die Pläne ausdenkt, benimmt sich wie ein hundsgemeiner Schurke.
Die harmlose, fast schon lustige Kriminalgeschichte stellt eine Hommage an die kindliche Reinheit dar, an die Ehrlichkeit, Hilfsbereitschaft und an den guten Menschen. Beim Lesen kann man sein inneres Kind hin und wieder dabei beobachten, wie es vergnügt gluckst oder über das Pech der armen Banditen lacht.

Diese allemal ehrenwerte Intention ist aber trotzdem nichts Neues. Dass wir Menschen uns gern rücksichtslos benehmen und von unseren Mitmenschen nie mehr das Beste annehmen (aus eigener Erfahrung?), wissen wir auch. Große Erkenntnisse erzielt man beim Lesen der Verschwundenen Miniatur nicht, was vielleicht auch nicht zuletzt dem betagten Alter der Geschichte geschuldet ist.

3 Kommentare:

  1. Mmmhh da haben wir jetzt einen Krimi der zu hart ist, einen der zu harmlos ist und beiden fehlt die tiefere Erkenntnis. Es ist scheinbar nicht einfach mit den Krimis. Ich habe gerade noch einen in der Mangel der erst einmal einen guten Eindruck macht es gibt also noch Hoffnung. Nicht das ich doch noch den „Augenjäger“ (oder irgendetwas mit …ung) bestellen muss.

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  2. Witzige Idee übrigens, wir machen eine Persiflage an das Gewaltporno-Krimi-Genre mit Büchern auf ...ung: Scheidung, Nashorndung, Entschuldigung, Diplomverteidigung (hat Tobi heute übrigens erfolgreich überstanden) ...

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  3. Hey cool,
    Tobi: Herzliche Glückwunschung

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