Mittwoch, 2. November 2011

Richard Stark: Verbrechen ist Vertrauenssache

Richard Stark ist eines der vielen Pseudonyme des amerikanischen Schriftstellers Donald E. Westlake der ca. 100 Romane vorwiegend Krimis veröffentlicht hat. Die bekannteste Reihe zu der auch „Verbrechen ist Vertrauenssache“ gehört, ist mit insgesamt 24 Romanen, die Geschichte des Berufsverbrechers Parker. Nebenbei schrieb Westlake einige Drehbücher zum Beispiel auf Basis des ersten „Parker Romans“ zum 1967 erschienen „Point Blank – Keiner darf überleben“ mit Lee Marvin bzw. zu dessen Remake „Payback“ von 1999 mit Mel Gibson in der Hauptrolle. Donald E. Westlake verstarb 2008.

Die ersten Romane dieser Reihe erschienen zwischen 1962 und 1974 dann machte der Autor eine längere Pause und setzte erst 1997 mit „Verbrechen ist Vertrauenssache“, das im englischen daher auch passender „Comeback“ heißt, fort. Eigentümlicher Weise ist dieser Erste Roman der neuen Reihe beim österreichischen Verlag Zsolnay als Letzter erschienen, da die Romane in umgekehrter Handlungsreihenfolge veröffentlicht wurden. Über den Grund dieses etwas eigenartigen Verfahrens kann ich nur spekulieren aber ein Motiv könnte sein, das die insgesamt sehr harte Reihe um den amoralischen Helden gegen Ende etwas ruhiger und entspannter wird, und somit geneigte Leser weniger wahrscheinlich abschrecken dürfte. Damit wären wir auch gleich beim Eingemachten, Parker, der Held ist der Inbegriff von Coolness, er hat keinen Nachnamen, kein schlechtes Gewissen, keine Vorgeschichte und sieht nie zurück. Er lebt vom Verbrechen und arbeitet dabei so professionell wie es die äußeren Umstände, Kollegen und vor allem die immer wieder beteiligten Amateure zulassen.

Westlake hat in einem Interview einmal gesagt, das sein Held eigentlich gar kein richtiger Amerikaner ist, da Amerikaner in Romanen Banken nur ausrauben, um die Operation für ihr kleines Mädchen im Rollstuhl zu bezahlen. Nein Parker raubt Banken aus, weil er Banken ausraubt, es ist sein Job den er macht, weil es eben so ist, so wie ein Polizist ihn verfolgt, weil das eben ein Polizist so tut. Da gibt es für ihn keinen Unterschied und das macht einen Teil der Faszination aus. Parker nimmt auch die Verfolgung durch die Polizei nicht persönlich, nicht das er sich im Notfall nicht wehren würde aber zur Profession zählt so wenig Schaden und damit auch so wenig Aufmerksamkeit wie möglich zu verursachen. Ihm eigen ist dabei eine ungewöhnliche aber stringente Moral eine Art Ehre im Geschäft zu der gehört, dass man die Schwachen sofern die es denn zulassen und rechtzeitig aus dem Weg gehen, in Frieden lässt und dass man seine Kollegen nicht bescheißt. So etwas wie Grausamkeit oder unnötige Gewalt haben dort keinen Platz auch wenn es in seiner Umgebung naturgemäß davon wimmelt, so bleibt, auch wenn das natürlich ein gemeiner Trick des Schriftstellers ist, Parker der Sympathieträger in einer amoralischen Welt. Eine echte série noir mitten in den namenlosen Kleinstädten der USA.

Zur eigentlichen Geschichte: Parker lebt zufrieden mit seiner Freundin in einem Ferienort aber so langsam geht das Geld seiner früheren Unternehmungen zu Ende und so schließt er sich einem Kumpel an, der wiederrum einen Typen kennt, der einen Plan hat, so weit so klassisch. Was auf den ersten Blick einfach aussieht wird bald zu einem tragisch komischen Wirrwarr das im Einzelnen so logisch aufgebaut wie im gesamten absurd ist.

Ein tiefgläubig gutherziger Mitarbeiter eines durch und durch korrupten Fernsehpredigers berichtet aus Enttäuschung über die nicht christlichen Verwendungszwecke des Geldes von einer halben Million Dollar Bargeldeinnahmen bei öffentlichen Predigten einem Ex-Knacki, den er eigentlich resozialisieren soll, weil das dem Prediger Steuern spart. Der wird natürlich hellhörig, also ruft er Parker und Mackey, die er aber direkt nach dem Raub wiederum berauben will. Der liebe Gläubige bekommt derweil Gewissensbisse und beichtet seiner Schwester, die beichtet ihrem Bruder, der wiederum hat zwielichtige Kumpel, die schließlich beschließen, die Räuber zu berauben. Der Sicherheitschef des Predigers nimmt den Raub sehr persönlich so überlässt er die Jagd nicht einfach der Polizei, ihm und dem abgefeimten Prediger hat der schwache Verräter nicht viel entgegen zu setzten. Last but not least hat die Stadt einen neuen sadistisch veranlagten, ehrgeizigen Detective, der alles tun würde, um Karriere zu machen.
So ist der geplante Rückzug in das ausgespähte Fluchthaus nicht mehr möglich, die Gruppe schnell getrennt und spätestens als der Prediger ausgerechnet Parker Geld dafür bezahlen will, damit der die Beute, die er mittlerweile selbst nicht mehr hat, zurückbeschafft, ist der Wahnsinn perfekt und man weiß nicht mehr, ob man darüber lachen oder weinen soll. 

Die Sprache des Romans ist sparsam und direkt aber nicht einfältig. Besondere Spannung erzeugen die gelegentlichen Perspektivwechsel von Parker auf den ihm umgebenen Rest, so sieht man das Unheil bereits kommen, von dem Parker aber noch nichts ahnt, da will man am liebsten VORSICHT schreien. Die eigentliche Sogwirkung geht aber vom Plot aus der einen wie auf der Jagd durch das Buch treibt. Alle Einzelheiten sind dabei voll gut durchdachter Ideen die einen immer wieder überraschen können. Dabei geht es nicht immer zimperlich zur Sache speziell denen die nur amateurhaft dabei sind spielt das Schicksal in Form menschlicher Abgründe häufig übel mit.

Wie alle Romane der Reihe ist auch dieser eine atemberaubende Reise durch das Verbrechen auf das man sich aber einlassen können muss. Wenn einem das gelingt und so schwer fällt das eigentlich gar nicht sobald der Roman den kleinen Teufel in einem geweckt hat, dann ist einem Parker schnell näher als man denkt und Buch und Nacht rum.

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